Schuld an dieser Reise ist Christa!

Also beschäftigte ich mich mit der größten Insel, dem kleinsten Kontinent, den ich nie bereisen wollte. Er war zu weit weg, zu teuer; all diese Klischees, die mir auch jetzt bei meinen Vorträgen begegnen, hatte ich auch. Also stand fest: So billig wie möglich und so viel sehen wie möglich!!!!!!!!!!

Hinflug ca. 36 Stunden mit Stopp in Dubai und in Singspore! Dubai Air – natürlich ohne Alkohol und nur „chicken or lamb.“ Beruhigungstabletten und Augentropfen, für den Rest ist die Fluggesellschaft zuständig. 25 kg Gepäck für 5 Wochen ist ok, auch wenn später nur 20 kg erlaubt sind. Ankunft in Melburne ca. 2.00 Uhr Nachts – Rachel holt mich ab und weist mir ein Bett in ihrer Wohnung zu. Wow….!

Die Bewährungsprobe am ersten Tag überstehe ich. Nur großes Geld in der Tasche begebe ich mich mit der Straßenbahn (keine Wechselmöglichkeit) ins Zentrum und mache Sightseeing und besorge eine Prepaid-karte für das Handy. Immerhin habe ich nur einen Tag Zeit! Welch ein Unterschied zu Russland! Nicht nur das alles funktioniert, sondern man wird freundlich begrüßt, einem wird geholfen wenn man darum bittet, keine alkoholisierten Männer – nicht einmal als Polizisten!

„OZ-Expierence“ ist eine Gesellschaft für Backpacker und Studenten. Man erwirbt einen Buspass für eine Route, z.B. für die Ostküste. Die Busse fahren Fahrplanmäßig 3-4 mal je Woche die Route ab. Man steigt zu (Haltestelle ist oftmals das Backpacker-Hostel des Ortes) und wird in der nächsten Großstadt oder dem Ort abgesetzt. Häufig erfolgt ein Schwenk abseits der großen Straßen zu touristischen Highlights. Selten, und nur gegen Aufpreis, erfolgt Verpflegung oder Unterkunft, zumeist muss man sich alles selbst besorgen. Abfahrtszeiten morgens zwischen 5 Uhr und 7 Uhr, also genau richtig für mich!

Die erste Etappe mit OZ führte von Melburne in den Wilsom Nationalpark (Kängerus ansehen!) und dann weiter über Lake Entrence in den Kosciuszko-Nationalpark. Nachdem wir die herrliche Natur genossen haben und vom gut ausgebildeten Busfahrer über Flora, Fauna, Kultur und Geschichte aufgeklärt wurden ging es in die Snowfields. Eigentlich sollte es mein Sommerurlaub sein, aber Pech - denn in Down-under ist es tiefster Winter! Über Canberra, dem Verwaltungszentrum Australiens, ging es dann weiter in Richtung Norden. Nach diesen 3 Tagen war Sydney angesagt.

Welch eine Metropole! Noch nie war ich in solch einer großen Stadt! Faszinierend die Hochhäuser, die Straßenschluchten, die alten und neuen Gebäude, der Botanische Garten (30 ha), das Opernhaus, die Sydney Harbour Bridge (Besteigen ca. 100 Euro) über den Hafen von Sydney und die Hochbahn. Erwähnenswert jedoch auch: Alkohol ca. 50 % teurer al bei uns, Rauchverbot in allen öffentlichen und Dienst-Gebäuden (also bei den Wolkenkratzern bitte auf der Straße rauchen!), der Respekt vor den asiatischen Migranten, der sich in zweisprachigen Beschilderungen ausdrückt (und wir streiten darüber, dass die Migranten Deutsch lernen sollten!). Überall zu spüren: Dieses Land braucht gut ausgebildete junge Arbeitskräfte, die in der Lage sind sich selbst durchzuschlagen. Geschenkt wird einem Nichts, aber der Preis ist erschwinglich, wenn man kein Tag-Träumer ist! Während sonst bei Auswanderern erst die 3. Generation ein menschenwürdiges Leben führt, kann man es hier in einer bis zwei Generationen schaffen. Oh, Deutschland …..

Unterwegs halten wir bei einem Surf-Museum an. Der 80-jährige Betreiber war früher eine Surf-Legende an der australischen Ostküste. Heute betreibt er sein Museum in einem Bananenhain. Dann stand ein Surf-Kurs in einem Camp im Programm. Wie auf den Bildern leicht zu sehen, habe ich den Altersdurchschnitt der in der Zusammensetzung ständig wechselnden Reisegruppe um mindestens 20 Jahre angehoben. Aber getreu dem Motto: „Alles mitmachen, oder für immer schweigen!“ habe ich mich auch hier trotz vieler kg zu viel achtbar geschlagen. Leider waren die Temperaturen nicht angenehm (Luft tags bis 24, nachts 10, Wasser ca. 20 Grad Celsius).

Byron Bay, der östlichste Punkt, war Ruhetag und relaxen. Noosa und die Gold Coast – deswegen fährt man nicht nach Australien. Bettenburgen gibt es überall und segeln kann man auch wo anders. Ich komme aber nicht umhin eine Tour nach Frazer Island mitzumachen. Neben all den Naturschönheiten und den Dingos werden mir die Kälte der Nacht, das spartanische Equipment, die Gruppendynamik und die Dunkelheit von 18.00 bis 6.00 im Gedächtnis bleiben!

Cattle Farm Museum Kroombit! Hoch in den Bergen lernen wir das Leben der Viehzüchter kennen. Erosion, Überweidung, Verfall der Preise, aber das freie einfache ungezwungene Leben. Hier von einer Handvoll Leute am Originalplatz für Touristen gelebt. Reiten, wandern, schießen, Lasso werfen, Rodeo (wenn auch nur mit Ziegen). Deftiges Essen, Lagerfeuerromantik, Erzählungen eines Ranchers, Peitschenknallen, Bullriding, Nachtfrost! Von den nahen Tropen (südlicher Wendekreis) ist hier, in der Nähe von Rockhampton, dem Zentrum des Viehhandels, nicht viel zu spüren.

Immer weiter nach Norden! Magnetic Island mit seinen 320 Sonnentagen im Jahr und seiner Flora und Fauna hält mich in seinem Bann. Ich bin froh, dieses Naturreservat besucht zu haben. In Townsville lerne ich deutsche Jugendliche mit einem „work and holiday Visum“ kennen, die unter ähnlichen Bedingungen wie unsere polnischen Saisonarbeiter wohnen. Dann bin ich in Cains – dem nördlichsten Punkt meiner Reise. Hier steppt der Bär! Cains ist die Stadt der Italiener (wg. Zuckerrohr), der Deutschen (Urlauber) und der Holländer (Saufen)! Nicht umsonst findet sich an jeder Gaststätte der Dress-Code, der von der Security gnadenlos umgesetzt wird, ebenso wie das Rauchverbot in der Gaststätte und das Verbot Alkohol im stehen oder gar auf öffentlichen Plätzen zu trinken. Obwohl diese Maßnahmen in ganz Australien gelten und überall befolgt werden, ist hier in Cains ein Hinweis für die europäischen Kulturvölker notwendig!

Ich werde zu einer Jungle Tour animiert. Krokodile in einer Farm und freier Wildbahn, wandern im feuchten Regenwald, Expedition zum Barier Reef. Dabei passiert das unglaubliche: Ehe ich mich versehen kann stecke ich im Taucheranzug, habe eine Flasche auf dem Rücken und bin zweimal für über eine Stunde unter Wasser! Vergessen die Erkältung, vergessen, dass ich den nächsten Tag fliege, vergessen die anderen Punkte der Sicherheitsbelehrung und der Haftungsausschlüsse, vergessen Vorerkrankungen: tauchen, 4-8 Meter unter Wasser! Welch ein Erlebnis! Da machen die jungen Leute Bugee jumping und geben einen Haufen Kohle für aus, aber beim Reef sparen sie und schnorcheln nur!

Der Flug nach Alice Spring ist genauso teuer wie ein Bus-Ticket. Einziger Unterschied: der Flug dauert eine Stunde, die Busfahrt 3 Tage (Übernachtung im Preis nicht enthalten!). Und dann weiß man bei den Unterkünften wieder nicht, ob es wieder 10 Bett-Unterkünfte unisex oder doch 4 Bett-Unterkünfte m/f mit getrennter Dusche/Toilette sind.  Beides ist bei Backpackern möglich!

Alice Spring – wer einen oder zwei Tage in diesem Verwaltungszentrum mit 10 000 Einwohnern zubringt, hat einen Eindruck, was Outback sein kann. Ich besuche Frontiers Camel Farm und das Museum der berühmten Ghan Railway! Die anderen „Highlights“ (Scool of the air sowie diverse Museen) lasse ich aus. Zwar bemühen sich alle (auch das Youth Hostel) es einem so angenehm wie möglich zu machen, aber die Besucherzahlen machen das Geschäft unrentabel. Alice ist eine Durchgangstation! So lasse ich mich von OZ-Experience aufnehmen und fahre jetzt in südlicher Richtung.

Ayers Rock – Urulu, ca. 300 km von Alice Spring entfernt! Hier im Outback wurden weite Teile des Landes den Aborigies zurückgegeben. Was will man denn heute auch noch hier? 50 km zum Nachbarn, 150 km zum Supermarkt, 1000 km zur Schule – wer will denn heute noch so leben? Also gibt man, wie im Falle Ayers Rock, den Ureinwohnern das Land und pachtet es zurück. Die Ureinwohner bestimmen, welche Stellen des (seit 22000 Jahren heiligen) Felsen fotografiert werden dürfen, welche Wege benutzt werden dürfen und wann und wo man sich aufhalten darf. Dieser zusammengepresste Klumpen aus Sandstein und Mergel ist bei weitem nicht die einzige oder die schönste Klamotte in der Gegend – aber die bekannteste. Also schläft man unter freiem Himmel im Outback bei Nachtfrost nur um morgens gegen 6 Uhr mit 20 000 Leuten den Sonnenaufgang an der relativ freistehenden und 350 m hohen Klamotte zu erleben. Man schlägt sich den Tag um die Ohren mit 550 Millionen Jahre Erdgeschichte, nur um am Abend mit 20 000 Leuten und einem Glas Sekt den Sonnenuntergang genießen zu können. Oh, ich hasse Massentourismus! Aber man muss manchmal auch so etwas mitmachen.

Öde ist die Fahrt nach Süden. Road Trains, ab und zu ein PKW, Orte die aus einer Tankstelle bestehen und 5 Einwohner haben, und immer wieder die Wüste!!!!!! Irgendwann bringt Cooper Paddy ein wenig Abwechslung. Aber auch hier, trotz seiner Legenden und unterirdischen Wohnungen und dem Reichtum von 90% der Weltvorkommen an Opalen, merkt man allenthalben, dass man von vielen lieb gewonnenen zivilen Möglichkeiten abgeschnitten ist. Die Weiterfahrt führt uns durch das nukleare Versuchsgelände Australiens und mit einemmal sind wir wieder in der Wirklichkeit. Hier, wo die Attraktion aus ausgetrockneten Salzseen und Steinwüste besteht, versucht man das Gelände „zu nutzen“.

Das Gebirge an der Südküste Australiens ist Zufluchtsort der freien Siedler, die von Adelaide aus das Land eroberten. Gottesgläubig und furchtlos, mit frischen (nicht immer guten) Ideen machten sie die Südküste zu einem landwirtschaftlichen Garten. Die Entwicklung des Outback wurde von hier aus maßgeblich vorangetrieben. Damit der Schock in die Zivilisation nicht zu groß ist, verbringe ich noch ein paar Tage in den Pionierdörfern in Flinders Range. Erst dann wage ich mich nach Adelaide. Die Sehenswürdigkeiten bestehen aus Kirchen und das Stadtzentrum ist in einer Stunde durchforstet. Aber wie überall in solchen Städten sind es Kleinigkeiten, die einer Beachtung bedürfen. Klein aber fein z.B. das Aussiedlermuseum. Beachtenswert auch hier die vielen Volonteers, zumeist Rentner oder Hausfrauen, die unentgeltlich als Stadtführer oder in den Museen zur Verfügung stehen.

Die letzten Tage verbringe ich mit Rachel, Mirko und Erik in Seal bei Melburne. Diese Tage sind nicht nur ein schöner Abschluss dieser 5 Wochen. Wir verstehen uns auf Anhieb und ich lerne mehr über Australien kennen, vor allem aus einer anderen Sicht als bisher. Insbesondere bei der Zugfahrt zurück nach Melburne zum Flugplatz sehe ich viele Dinge, die unsere Reiseführer uns bewusst unterschlagen haben: Umweltverschmutzung, Industrie, Emigranten die es (noch) nicht geschafft haben. Ja, nur von schöner Natur wird man nicht satt!

Unspektakulär der Rückflug. Die 16 Stunden vergingen deutlich schneller. Pünktlich 14 Uhr in Fuhlsbüttel gelandet, durfte ich an nächsten Morgen um 8 Uhr wieder vor der Klasse stehen. Hatte ich auf dem Hinflug ca. 10 Tage mit dem Jet-Lag zu kämpfen, so gab es hier keinerlei Umstellungsprobleme.

 

Fazit? Ja, muss man denn ein Fazit ziehen? Wenn ja, dann dieses: 5 Wochen Australien sind so teuer wie eine Woche mit einem Schiff. Eventuell mache ich mit 80 eine Schiffsreise!

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